JJJ kritisiert Reporter ohne Grenzen: Antisemitismus darf im Journalismus keinen Platz haben 

Der Verband Jüdischer Journalistinnen und Journalisten JJJ  kritisiert den Bericht „Nahaufnahme Deutschland. Pressefreiheit im Überblick“ von Reporter ohne Grenzen RSF. Der Wunsch, dass Redaktionen sich nicht antisemitisch äußern, darf nicht als Einschränkung der Pressefreiheit abgehandelt werden. Hassrede darf keinen Platz im Journalismus haben. Ihr Ausbleiben ist eine Bedingung journalistischer Arbeit, nicht deren Einschränkung 

RSF schreibt: „Vor dem Hintergrund erbitterter Debatten um die Definition eines ‚israelbezogenen Antisemitismus’ wird von strengen Sprachregelungen berichtet – Vorgaben mit dem Ziel, das Medium nicht Antisemitismus-Vorwürfen auszusetzen.“ Es gebe „komplizierte Aushandlungsprozesse zu Begriffen, mit denen die israelische Kriegsführung kritisiert wird.“ Aussagen „palästinensischer Quellen“ würden in Redaktionen grundsätzlich infrage gestellt, „anders als Aussagen des israelischen Militärs“. 

Leider bedient der Bericht an dieser Stelle das Stereotyp, nach dem man Israel nicht kritisieren dürfe. Dieses Stereotyp wird tatsächlich täglich widerlegt. Denn israelische Politik ist häufig Gegenstand der Kritik.

Israelbezogener Antisemitismus kommt in Deutschland häufig vor. Es ist daher wichtig, dass Redaktionen antisemitische Stereotype oder Falschinformationen vermeiden. Dass dies unter Umständen Arbeit machen kann, ist eine Selbstverständlichkeit. Wir bedauern, dass RSF die Bemühungen und die Arbeit, die die Vermeidung von Antisemitismus kosten mag, als lästig und gar als Einschränkung der Pressefreiheit abhandelt. 

Zudem ist israelbezogener Antisemitismus mit der 3-D-Formel (Dämonisierung, Delegitimierung und doppelte Standards) sehr klar definiert. Wer Antisemitismus vermeiden möchte, kann dies mit vertretbarem Aufwand tun. Die Frage ist, ob denjenigen, die sich über die Einschränkungen beklagen, tatsächlich etwas an einem Engagement gegen Antisemitismus gelegen ist. 

Wir finden es bedauerlich, dass „Reporter ohne Grenzen“ sehr vage von „palästinensischen Quellen“ spricht. Wenn das Terrorregime der Hamas und ihre Institutionen wie etwa die Gesundheitsbehörde gemeint sind, halten wir in der Tat größte Vorsicht für angebracht. Die Hamas ist mehrfach mit gezielten Falschinformationen hervorgetreten.

„Reporter ohne Grenzen“ schreibt weiter: „Viele Journalist*innen äußern Angst vor Bloßstellung in der BILD-Zeitung oder Portalen wie MENA-Watch oder ÖRR-Antisemitismus-Watch.“ Wir machen uns die Aussagen der genannten Portale und Medien nicht zueigen. Gleichwohl muss eine Debatte über möglichen Antisemitismus in den Medien möglich sein. Journalistische Arbeit ist eine öffentliche Äußerung und kann daher auch öffentlich kritisiert werden. Sprachlich zeigt der Bericht an dieser Stelle vor allem Empathie für diejenigen, die sich womöglich antisemitisch äußern, und er kommt damit einer Umkehr von Opfern und Tätern gefährlich nahe. 

RSF schreibt, „Beschäftigungsverhältnisse“ seien „wegen ihrer Berichterstattung oder privater Social-Media-Posts nicht verlängert worden“. Leider ist der Bericht auch an dieser Stelle unspezifisch. Wir erfahren nichts über den Inhalt der Posts. In der Tat gibt es antisemitische Äußerungen, die eine Weiterbeschäftigung in Qualitätsmedien unmöglich machen.

Wer im Journalismus arbeitet, muss sich auf bestimmte Werte verpflichten. Auch in privaten Social-Media-Posts kann eine Journalistin oder ein Journalist nicht durch Hassrede hervortreten. Wir halten das für eine Selbstverständlichkeit und sind erstaunt, dass RSF es als Einschränkung der Pressefreiheit rubriziert. 

Insgesamt fällt auf: In der „Nahaufnahme Deutschland“ arbeitet RSF mit einem unklaren Begriff von Meinungsfreiheit und Pressefreiheit. Offen bleibt, wie Diskriminierungsfreiheit und das Ausbleiben von Hassrede gewährleistet werden sollen. 


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